Niemand wird zur Autorität, ohne ein Publikum zu haben und zu überzeugen. Wer das aber als Einwegkommunikation und große Show von der großen Bühne herab ansieht, wird scheitern. Auf Augenhöhe und von Mensch zu Mensch erweitern Vordenker ihr Wissen, ihr Netzwerk und ihre Reputation.
Auch wenn Authority Marketing seiner Herkunft und seiner Bezeichnung nach ein Ansatz aus der Welt des Online-Marketings ist: Der Stellenwert, den Mensch-zu-Mensch-Beziehungen dabei einnehmen, darf nicht unterschätzt werden. Das hat drei Gründe.
Zum einen basiert der Erfolg vieler Maßnahmen gerade in der Anfangsphase auf persönlichen Beziehungen. Zum anderen ist die durch Veröffentlichungen und Auftritte gewonnene Reputation nur ein Hilfsmittel, um Menschen langfristig für sich einzunehmen und so strategische Vorteile zu erschließen. Drittens ist es gerade das Netzwerk, das die Wahrnehmung einer Person als Autorität möglich macht und idealerweise beschleunigt.
Vernetzungsarbeit beim Start
Am Anfang des Prozesses steht die Positionierung mit dem eigenen Thema und der vorhandenen Expertise. Diese gilt es einzuspeisen in ein Ökosystem möglicher Kunden, Förderer, Mitstreiter, Gleichgesinnter, aber auch möglicher Konkurrenten und Kritiker. Einfache Bordmittel zur Bestimmung von Trends und Themen hat jede und jeder: Befragen Sie Suchmaschinen, Online-Publikationen und Netzwerke. Weitergehende Tools und Methoden können hingegen schon aufwändiger sein, gehören im Top-Segment aber dazu: Keywordanalysen, Social Listening und Trendanalysen
Dennoch: Schon hier ist der Austausch im beschriebenen Ökosystems entscheidend. So gewinnt man Anregungen und Einschätzungen, Unterstützer und „ein erstes Gefühl“, was wirkt und wie es wirkt. Man gewinnt so bereits die ersten einflussreichen „Follower“, die Person und Thema persönlich wie online promoten. Es geht eben nicht um den großen viralen Content-Coup zum Start, sondern um einen prozesshaften Einstieg in eine neue und kontinuierliche Arbeitsweise.
Das Publikum zum Partner machen
Sodann gilt: Niemand ist von Hause aus eine Autorität, man wird vom Publikum erst zu einer gemacht. Es braucht Menschen, die Expertise, Thema und Persönlichkeit schätzen und der Vordenkerin und dem Vordenker im Laufe der inhaltlichen Auseinandersetzung einen Autoritätsstatus zubilligen. Auch wenn das Wort Autorität, da es in Deutschland sehr mit Titeln und Status verbunden ist, wahrscheinlich eher nicht Verwendung finden würde.
In Social Media lässt sich die Gefolgschaft (noch so ein Wort) aufbauen und transparent machen. Meist schließen sich das Abonnieren von Newslettern, der Besuch von Vorträgen oder die persönliche Kontaktaufnahme an. Wichtig aber bleibt: Der Prozess des Authority Marketings ist erst dann erfolgreich, wenn aus Interesse einer fernstehenden Person echte Kooperation mit einem Partner wird: ein Geschäft, ein gemeinsames Projekt oder Unterstützung jedweder Art.
Hierbei spielt sowohl die Qualität des Netzwerks als auch die Zahl der Anhänger oder „Follower“ eine Rolle.
Der Faktor „social proof“
Das Phänomen dahinter nennen Psychologen „social proof“. Denn zum einen profitieren angehende Autoritäten davon, wenn sie sich im Kreis anerkannter Autoritäten bewegen und gesehen werden. Oder besser noch: Wenn sie von diesen zitiert und möglichst öffentlichkeitswirksam empfohlen werden. Im Internet ist die Währung hierfür der „Back-Link“, in der realen Welt die deutliche Erwähnung in Schrift und Rede. Idealerweise gar die direkte Empfehlung.
Zum anderen signalisiert eine bereits umfangreiche Gefolgschaft, dass Thema und Person offensichtlich von großem Interesse sind. Verdichtet sich auf diese Weise – ob ausgesprochen oder nicht – beim Publikum der Eindruck, man habe es offensichtlich mit einer Autorität im besagten Thema zu tun, wird vieles einfacher. Auf der Basis wachsender Reputation und anerkannter Expertise lassen sich leichter Verbindungen knüpfen, Aufmerksamkeit generieren und Geschäfte machen.
Autorität durch Austausch und Wissensvorsprung
Dennoch ist zu beachten, dass Autorität in unserer vernetzten Welt durch den Austausch entsteht und nicht dadurch, vom hohen Ross herunter zu predigen und die Wahrheit zu verkünden. Der „Evangelist“ ist daher eine schlechte Metapher für das, worum es geht. Vordenker knüpfen Verbindungen, testen Ideen und erweitern ihr Wissen gerade durch den intensiven Austausch mit Menschen. Denkarbeit im stillen Kämmerlein reicht nicht aus. Sie finden Anerkennung allein aufgrund der Tatsache, dass sie mehr und weiter gedacht haben als diejenigen, die ihnen gerade deswegen bereit sind zu folgen. Das geschieht auf Augenhöhe – und ist doch Ausdruck von Führen und Folgen.
Die Serie ist von Januar bis Februar 2018 auf haufe.de im Bereich Marketing/Vertrieb gelaufen. Wir publizieren sie hier mit freundlicher Genehmigung des Verlags.
Foto: Jason Rosewell, unsplash