Autorität erkennen: Was Google uns lehrt

Autorität erkennen: Was Google uns lehrt

Autorität erkennen: Was Google uns lehrt 1222 648 Randolf Jessl

Was ist Autorität, wie erkennt man sie, wie erlangt und verliert man sie? Das sind Fragen, die wir mit unserer Studie „Wem folgt Deutschland?“ beantworten wollen. Uns erreichen dazu Fragen und Anmerkungen. Mit diesen werden wir uns ab sofort in loser Folge auseinandersetzen. Heute: Warum um alles in der Welt beruft Ihr Euch auf Google in der Studie?

Ja, das stimmt. Google hat eine Mitschuld, dass ich mich dem Thema Autorität verstärkt zugewendet habe. Denn für Google ist die Frage von Autorität und wie ihre Suchmaschine sie erkennt von fundamentaler Bedeutung.

Die Programmierer in Mountain View standen nämlich vor der Herausforderung, in ihren Trefferlisten die aussagekräftigsten Fundstellen zu einem Suchbegriff möglichst nach oben zu spielen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten haben sie das gut gelöst. Sie machen heute die „Page Authority“ oder „Domain Authority“ einer Seite, auf die der Begriff vorkommt, zum Kriterium, ob der Inhalt dieser Seite auch genügend Substanz aufweist. Ihren Maßstab umschreiben sie mit der Abkürzung EAT. Das steht für „Expertise, Authoritativeness, Trust“.

Googles Dreiklang: Expertise, Autorität, Glaubwürdigkeit

Für Google also sollten sich Seiten und Inhalte, die es verdienen, zu einer Suchanfrage hoch gerankt zu sein, dadurch auszeichnen, dass ihnen eine eindeutige Expertise zugrundeliegt, man ihnen vertrauen kann und sie etwas vermitteln, was die Amerikaner „Authoritativeness“ nennen. Dazu später.

Damit gibt es erste Anhaltspunkte, nach denen die Suchmaschine und jene, die sie programmieren, Inhalte auf ihre „Autorität“ hin bewerten können. Diese Anhaltspunkte werden in einer gut 160-seitigen „Search Quality Evaluator Guideline“, die wir in der Studie verlinkt haben, weiter ausgeführt. Sie gibt guten Aufschluss darüber, wie schwierig es ist zu beurteilen, ob die Inhalte einer Seite wirklich taugen. Als Kriterien nennt die Guideline zum Beispiel

  • Die Reputation und Expertise des Verfassers (Ausbildung, Kompetenzen, positive Erwähnungen durch andere etc.)
  • Die Qualität und Substanz des Inhalts (Darstellung, Argumentation, Fundierung etc.)
  • Die Glaubwürdigkeit der Aussagen (bei Krankheiten kann zum Beispiel eine Aussage von Erkrankten zur Wirkung von Therapien mehr Wert haben als Studien oder Expertenmeinungen – dieselbe Aussage kann aber auch eine nicht-repräsentative und damit in gewissen Fragestellungen verzerrende Einzelerfahrung darstellen)
Autorität zählt – vor allem bei Gesundheit, Sicherheit und Geld

Schon diese kleine Liste zeigt, wie komplex die Materie ist. Vor allem aber ist sie brisanter als es im ersten Moment scheint.

Bei Fragen, bei denen es um Gesundheit, Geld, Sicherheit geht (Google packt das unter die Formel „YMYL-Your Money Your Life“), können Inhalte und Empfehlungen „ohne Autorität“ viel Schaden anrichten.

Dann nämlich, wenn man Inhalten aufsitzt, die eben auf keinerlei Expertise zurückgehen und nicht vertrauenswürdig sind. Ihren Empfehlungen, ja selbst Erklärungen sollte man lieber nicht folgen.

Woran erkennen Menschen „Autorität“ anderer Menschen?

Wenn aber Suchmaschinen „Signale lesen“, die ihnen helfen, die Autorität einer Seite oder Inhalts zu bestimmen: Was wäre dann der Code, nachdem wir Menschen bewerten, ob ein anderer Mensch in unseren Augen „eine Autorität ist“ oder „Autorität hat“?

Die Frage ist hochaktuell und nicht minder brisant. Denn anderen in dem, was sie denken, sagen und tun, auf Social Media oder anderen Kanälen zu folgen, ist Volkssport geworden. Auch hier bilden sich „Autoritäten“ heraus, die heute „Influencer“ heißen. An sie – aber im Prinzip an alle Menschen, denen andere Einfluss zusprechen – stellen sich drängende Fragen:

  • Verdienen diese Personen das Attribut „Autorität“?
  • Begründen Reichweite und Popularität von „Influencern“ schon Autorität?
  • Wie steht es um „das EAT“ dieser Personen?
  • Wann und wo lohnt es, ihnen, ihren Empfehlungen und Ausführungen zu folgen?
  • Wann können wir von ihnen wirklich lernen?
  • Bei welchen Vorhaben sollten wir uns ihnen anschließen und was dürfen wir dabei erwarten?

Diese Fragen stellen sich überall dort, wo Menschen freiwillig entscheiden können, ob sie anderen Menschen folgen wollen oder nicht. Das ist häufiger der Fall als wir meinen. Zwar kann man sich klassische Autoritäten wie Eltern, Lehrer, Chefs meist nicht aussuchen. Ob man ihnen aber im konkreten Fall folgen will, ist in unserer Gesellschaft immer häufiger eine freie Entscheidung. Und „Influencern“ muss nun wirklich niemand folgen.

Zwei Ansatzpunkte bei der Suche nach dem „Autoritätscode“

Unsere Studie liefert hierzu zwei Ansatzpunkte, die durchaus mit den EAT-Kriterien Berührungspunkte haben. Der erste: Auch Menschen deuten Signale, nach denen sie bestimmen, ob sie es mit einer Autorität zu tun haben. In unserer Studie fassen wir diese zu drei Clustern zusammen:

  • Substanz (Signale von Wissen, Können und Erfahrung, die auf die Autorität der Person schließen lassen)
  • Habitus (Signale im Auftreten und Verhalten wie Ausdrucksweise, Sprache, Gestik, von denen Menschen auf Autorität schließen)
  • Status (Signale von Rang, Funktion und Aufgabe wie Titel oder Auszeichnungen, die Menschen als Autorität ausweisen)

Dazu in einem der folgenden Blogartikel mehr.

Der zweite Ansatzpunkt: Wo es darum geht, eine „Autorität zu sein“, weil man eine besondere Expertise hat, sollten wir wie Google das Wort „autoritativ“ benützen. Denn Autorität hat oft, wie unsere Erhebung zeigte, den Beigeschmack von „autoritär“. Damit verbinden viele Menschen die Vorstellung, die Autorität werde ihre Lehren und Empfehlungen mit Gewalt und nach Gutdünken durchsetzen.

Darum geht es aber überall dort nicht, wo Menschen anderen folgen, weil sie ihnen „Autorität“ („authoritativeness“) aufgrund besseren Wissens, mehr Erfahrung und überlegenen Könnens zubilligen. Solchen autoritativen Führungspersönlichkeiten, seien es Lehrer, Eltern, Chefs, überzeugen durch Vorbild und Vorsprung. Man folgt ihnen freiwillig oder eben auch mal nicht. Auch darauf geht unsere Studie tiefer ein.

 

Die Studie schicken wir Ihnen gerne per Post zu. Eine Mitteilung auf unserer Kontaktseite oder eine Mail an connect(at)auctority.net mit vollständiger Adressangabe genügen.